TAGEBUCH

Verlegung der Stolpersteine vor dem Haus Hallesche Straße 34.
Stolpersteine fürFritz Wenck und seine Ehefrau Elfriede Wenck.

Stolpersteine für Fritz  und Elfriede Wenck

Am Donnerstag, den 4. November 2021 wurden für Fritz Wenck und seine Ehefrau Elfriede Wenck geborene Deneke vor ihrem Wohnhaus Hallesche Straße 34 Stolpersteine verlegt. Beide gehörten zum antifaschistischen Widerstand und wurden 1935 zu Zuchthausstrafen verurteilt.

Fritz Wenck wurde am 11. April 1899 in Eisleben geboren. Sein Vater, der Wagenfabrikant Hermann Wenck und seine Frau Friedricke Bertha geborene Räuber, wohnten in der Halleschen Straße mit der heutigen Hausnummer 34.

Wenck besuchte die Grabenschule und war dann Schüler des Martin-Luther-Gymnasiums in Eisleben, wo er 1919 sein Abitur ablegte. Danach studierte er Theologie an der Halleschen Universität und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Im Jenaer Stadtteil Wenigenjena ließ er sich am 9. Mai 1921 mit seiner Frau Elfriede Deneke, die am 6. April 1895 in Cöthen geboren wurde, in der Schillerkirche im Jenaer Stadtteil Wenigenjena trauen.

Nach seinem Studium brach er die weitere theologische Entwicklung ab, Promotion und Pfarramt, und ging mit seiner Frau nach Eisleben in sein Elternhaus Hallesche Straße 34, half dort seinem Vater und begann seine schriftstellerische und dichterische Karriere. Er schrieb zunächst für bürgerliche Zeitschriften, wie der „Türmer“, „Velhagen“ und „Klasings Monatshefte“, doch das war nicht seine gedankliche Heimat und so wandte er sich weltanschaulich den „religiösen Sozialisten“ und um 1928 der Sozialdemokratischen Partei zu. Er schrieb in dieser Zeit das gesellschaftskritische Schauspiel „Das letzte Geschlecht“, Liebesgedichte, und Verse ernsterer Art und deutete damit auch seine veränderte Beurteilung der Gesellschaft an.

Das Anwachsen des braunen Terrors, Anfang der dreißiger Jahre, machte ihn wütender und so trat er der „Liga für Menschenrechte“ bei. Er organisierte auch Aktionen der paneuropäischen „Coudenhove-Kalergis-Organisation“, um dem Zusammenschluss der bürgerlichen europäischen Staaten für den Friedens und den Fortschritts näher zu kommen. Auch durch die linksbürgerliche Zeitschrift „Weltbühne“ gelangte er zu weiteren Einsichten und schrieb auch Artikel für dieses Blatt. So lernte er auch die Künstler dieser gedanklichen Richtung kennen, unter ihnen den Schriftsteller Erich Mühsam.

Die Nazis hatten mit ihrer Machtergreifung Tatsachen geschaffen, die für Fritz Wenck eindeutigen Charakter trugen und so wandte er sich logischerweise dem antifaschistischen Kampf zu. Zu der bürgerlichen Widerstandsgruppe in Eisleben gehörten Dr. Flörsheim, Hahn, Fahnert, Tellbrunn, P. Glaubrecht, H. Besser, E. Bordach, der ehemalige Oberbürgermeister Claus, der ehemalige Landrat Koch und Heinrich Schubert.

Fritz Wenck wurde bereits 1933 für einige Wochen inhaftiert. Der kommissarische Bürgermeister der Nazis veranlasste, dass Wenck sich dreimal bei der Polizeiwache melden musste. Frau Wenck wurde 1933 von einem SS-Mann auf die Straße gestoßen und ist fast von einem LKW überfahren worden.

1934 begann Wenck seine aktive Widerstandsarbeit, als er mit seiner Frau Elfriede in die CSR fuhr, um von dort Flugblätter nach Eisleben zu bringen. Eine zweite Reise im Oktober 1935 vverlief zwar erfolgreich, doch die Nazis schöpften Verdacht und führten eine Hausdurchsuchung bei Wencks durch , fanden aber keine Beweise. Doch im November 1935 wurden beide verhaftet.

Fast zwei Jahre wurde Fritz Wenck in Berlin-Moabit in Untersuchungshaft gehalten und dort brutal verhört. 1937 wurde er vom Volksgerichtshof zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Er wurde danach ins Zuchthaus Roter Ochse nach Halle überführt. Seine Frau Elfriede wurde zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt.

1941 wurde Fritz Wenck in das KZ Sachsenhausen gebracht, wo er die Haft bis 1945 überstand. In dieser Zeit ließ sich seine Frau von ihm scheiden, um nicht in die Gefahr zu geraten, wieder verhaftet und heiratete auf Anraten von Fritz Wenck dessen Freund Otto Hense.

Aus dem Gefängnis schrieb Fritz Wenck regelmäßig seiner ehemaligen Frau und seinem Sohn Hans-Lothar. Das Schicksal seines Sohnes bewegt ihn sehr. Hans-Lothar war vom Luthergymnasium verwiesen worden, weil „für Kinder von Verbrechern heute kein Platz mehr auf einer höheren deutschen Schule ist“. Er lernte einen Beruf bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse, wurde jedoch kurze Zeit später zur Luftwaffe eingezogen. Er fiel im Januar 1945. Er war in der Strafkompanie 999 zugewiesen.

Die Befreiung vom Faschismus rückte immer näher und die KZ-Häftlinge wurden aus den Lagern in andere Lager getrieben. So erging es auch Fritz Wenck, der schließlich in Bergen-Belsen endete. Ein Augenzeuge berichtete: „Am 10. oder 11. April 1945 wurden einige hundert Häftlinge von Bergen-Belsen von der SS zusammen getrieben und anschließend das Feuer auf sie eröffnet. Unter ihnen befand sich Fritz Wenck, der in diesen Tagen 46 Jahre alt geworden wäre.“

Aus Bergen-Belsen erreichte seine ehemalige Frau eine letzte Meldung:

Du siehst, bin ich nicht mehr in Sachsenhausen, aber auch hier geht es mir gut und ich freue mich nach wie vor bester Gesundheit. Sei nun so gut und schreibe mir sehr bald, wie es in Eisleben aussieht und meinen und Deinen Verwandten geht. Weißt Du, wo Walter ist?

Ich grüße Dich herzlichst Fritz

Schutzhäftling Fritz Wenck, geboren am 11.4. 1899, Nr. 12715,

11.03.1945 Liebe Friedel, ich habe in diesem Jahr weder von Dir noch von Hans Nachricht bekommen und bin in großer Sorge. Wie Block 1.

Die Familie Wenck hatte in der Tschocheslowakei eine befreundete Familie, mit der sie die Flugblätter herstellt und geschmuggelt hatte. Das waren Robert und Annemarie Keller, die nach dem Krieg an Wenck eine Karte schrieben, um den Kontakt wieder herzustellen. Sie wußten nichts über die Geschehnisse in Deutschland und so meinten sie, dass sie die Familie unversehrt antreffen könnten.

Frau Wenck wohnte mit Otto Hense, der vor ihr starb, in der Clara-Zetkin-Straße 33 und ist am 22. März 1984 verstorben. Sie war in der DDR als VdN (Verfolgte des Naziregimes) anerkannt und hatte auch eine solche Rente bezogen. Die Danziger Straße ist im Jahre 1955 in Fritz-Wenck-Straße umbenannt worden und an dem Wohnhaus der Familie Wendt, Hallesche Straße 64, wurde eine Gedenktafel, angebracht

Die Stolpersteine wurden gespendet von mit dem Ehepaar Wenck verwandten Familienmitgliedern.

Rüdiger Seidel