TAGEBUCH

Die Initiative Erinnern und Gedenken steht allen Menschen offen, die sich für die Geschichte der Stadt Sangerhausen während des Nationalsozialismus interessieren.

Spurensuche: Wer war Frieda Löwe?

Aus dem Rundbrief unserer Partner-Initiative aus Sangerhausen: http://www.erinnern-und-gedenken.de

 

in „Spaziergang zu jüdischen Spuren“ im November 2007 führte erstmals einen größeren Kreis stadtgeschichtlich Intereressierter zu den Orten, an denen heute Stolpersteine liegen. Organisatorin war die Stadtführerin Frau Ilse Schneider. Sie konnte sich dabei auf eine Recherche von Franz Knobloch (Lehrer an der Thomas-Müntzer-Schule) und einer Mädchengruppe stützen. Dieses Team hatte 1995 die Namen von mehreren jüdischen Familen zusammengetragen, die zu Beginn der Nazizeit in Sangerhausen lebten. Frau Schneider schöpfte aber auch aus dem, was ihr als Stadtführerin an Erinnerung älterer Mitbürger zugetragen wurde. Dazu gehörten die früher im Sangerhäuser Volksmund geläufigen Begriffe „Unterlöwe“ und „Oberlöwe“. Gemeint waren zwei jüdische Geschäfte in der Göpenstraße: Nr. 21 das Schuhgeschäft von Moritz Loewe und Nr. 31 das Textilgeschäft von Paul Löwe. Die nur in der Schreibweise unterschiedenen namensgleichen Familien waren nicht miteinander verwandt.

Während die Geschichte des „Oberlöwen“ Moritz Loewe gut recherchiert und mit Stolpersteinen dokumentiert werden konnte, war dies beim „Unterlöwen“ bislang nicht möglich. So fehlen uns die Lebensdaten von Paul Löwe, der mit einer nicht-jüdischen Frau, Martha Richter, verheiratet war. Aus dieser Verbindung stammen vier Kinder, von denen die Tochter Margarethe um 1942 gestorben sein soll. Näheres ist nicht bekannt. Die übrigen Kinder Walter (1899-1964), Frieda (1903-1968) und Gertrud (vermutlich 1910-1995) haben nach 1945 in Sangerhausen gelebt.

 

Wir wissen nicht, wie sie als bedrohte „Halbjuden“ die Nazizeit überstanden haben. Offensichtlich sind sie darüber in der DDR-Zeit auch nicht befragt worden. Das wundert umso mehr, als Frieda Löwe in der Nachkriegszeit als „Verdiente Lehrerin des Volkes“ und Direktorin einer EOS stadtbekannt war. Von ihr hieß es, dass sie vor seit Dezember 1944 Zwangsarbeit in Leipzig leisten musste. Sie galt vielen als „stramme Kommunistin“. An ihre große soziale Sensibilität, besonders gegenüber hungrigen Kindern der vielen Flüchtlinge, hat kürzlich Walter Strauch in der MZ erinnert: „Wir kamen in eine Klasse zur Lehrerin Frieda Löwe. Sie hat mit mir ihr Brot geteilt. Das vergesse ich ihr nie.“ (30./31.12.2017, S. 9)

 

Wir meinen, Frieda Löwe verdient einen Stolperstein. Aber wir brauchen dazu noch mehr Informationen über die Lebensumstände der Familie Paul Löwe in der Zeit der Verfolgung. Wer kann mit Informationen helfen? In der nächsten Ausgabe werden wir über neue Erkenntnisse berichten.