TAGEBUCH

Gedenken für die polnischen, katholischen Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge. Schwester Gertrud aus dem Kloster Helfta bei dem Ablegen einer Rose und einem Gebet für die Opfer.

GEDENKEN FÜR DIE ZWANGSARBEITER UND KZ-HÄFTLINGE

Am Sonntag wurde auf dem Jüdsichen Friedhof in Eisleben wieder an die neunzehn polnischen Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge gedacht. Sie sind vor 78 Jahren, am 24. Juni 1945, hier begraben worden. Der Synagogenverein hat seit drei Jahren diese Initiative ergriffen und gedenkt an diesem Tag den Gepeinigten des Krieges und der Barbarei, denen sie zum Opfer fielen.

 

Die Zwangsarbeiter haben in der Mansfeld AG und bei Großbauern in Augsdorf, Unterrißdorf, Alberstedt, Eisleben, Niederschmon, Seeburg, Salzmünde, Gatterstedt, Wolferode, Freyburg, Neehausen und Unterröblingen gearbeitet.

 

So hat der katholische Gemeindereferent, Herr Tim Wenzel, die Andacht für die polnischen Katholiken gehalten und betont, dass die Gestorbenen in Gottes Reich aufgenommen sind.

Die Ermordeten sind nach den ärztlichen Attesten an normalen Krankheitszuständen gestorben. Der polnische Arbeiter Johann Klich, der am 15. Juni 1913 in Oltzysz geboren worden war, soll sich einen „komplizierten Schädelbruch beim Latrinenbesuch“ zugezogen haben. Man kann das nicht glauben, er wurde erschlagen. Das Stadtkrankenhaus Eisleben hat dabei geholfen, die Sterbeursachen zu fälschen und es als Unfall aussehen zu lassen.

 

Die vorhandenen Zeitdokumente geben weiter Auskunft über die angeblichen Todesursachen. So tauchen sehr oft die Mittelohr- und Lungenentzündung auf. Das lässt vermuten, dass hier schematisch die eigentlichen Ursachen vertuscht worden sind. Zwei der hier liegenden Opfer sind an Blinddarmentzündung gestorben. Viele der Opfer sind laut Totenschein an „Lungentuberkulose“, „Mittelohrentzündung“ oder an „Urämie bei bestehender Schrumpfniere“ gestorben, so die Auskunft des Stadtkrankenhauses Eisleben. Diese Krankheiten führen entweder nicht zum Tod oder sie sind Begleiterscheinung von Entbehrung, hinsichtlich der Nahrung oder Ergebnis von Misshandlungen.

 

Die Polin Luczina Borowiecka starb im KZ Nordhausen und ihr werden „schwere Weichteilverletzungen des Rückens“ attestiert. Ins verständliche übersetzt: Sie wurde zu Tode geprügelt. Das waren Schicksale, die deutlich die Unmenschlichkeit des faschistischen Regimes zeigen.

 

Der Bürgermeister forderte in seiner Gedenkrede, dass solche Geschehnisse nie wieder passieren dürfen und die heutige Jugend sich dieser Dinge stärker bewusstwerden müsse. So waren keine Jugendlichen bei der Gedenkveranstaltung anwesend. Was müssen die Erwachsenen tun, um diese jungen Leute zu solchen Veranstaltungen heranzuziehen?

 

Warum dieser Gedenkstein auf dem Jüdischen Friedhof aufgestellt worden ist, ist immer noch ein Rätsel. So hat der Synagogenverein eine weitere historische Verantwortung übernommen, das Gedenken an die ermordeten katholischen Polen wach zu halten.

 

Die Getöteten heißen:

  • 1.Boleslaw  Wishnewski
  • 2.Wladislaw Szeczygt
  • 3.Wladyslaw Szewczyk
  • 4.Mikmaj Cinasz
  • 5.Wladylaw Huczak
  • 6.Jozef Slowikowski
  • 7.Kazimier Lezanski
  • 8.Jan Klich
  • 9.Stanislaw Minkina
  • 10.Stanislaw Szostek
  • 11.Julian Skuiszewski
  • 12.Lucina Borowiecka
  • 13.Stanislaw Jagimias
  • 14.Leon Kaziek
  • 15.Jozef Papierce
  • 16.Erika Traszyin
  • 17.Stanislaw Prandota
  • 18.Czeslaw Tydenka
  • 19.Woijcech Grajek

 

Rüdiger Seidel