Die Häuser der jüdischen Mitbürger

Plan 11

Das Haus Plan 11 (zweites Haus von rechts). Im Jahre 1905 war hier der Laden „Nachfolger der Gebrüder Schutzer“.

Familie Schutzer

Das Geschäftshaus der jüdischen Kaufleute Gebrüder Schutzer. Die Familie Schutzer spielte bei der Gründung der jüdischen Gemeinde 1814 eine wichtige Rolle, aber Ende des 19ten Jahrhunderts verliert sich ihre Spur in Eisleben. Die Nachkommen waren in die großen Städte wie Halle und Berlin gezogen.

Die ersten Schutzers hatten ihr Geschäft nahe der „Marktkirche“.

Die Brüder Hermann und  Abraham Schutzer waren aus Zürau in Böhmen dem heutigen Siřem gekommen. Sie gehörten zu den ersten Juden, die sich nach der bürgerlichen Gleichstellung im Zuge der napoleonischen Besetzung in Eisleben ansiedelten.

Hermann Schutzer wurde am 19. April 1777 in Zürau geboren. Er war verheiratet mit Jeanette Weinzweig aus Neuhaldensleben, der Schwester von Louis Weinzweig, der sich ebenfalls in Eisleben als Kaufmann niederließ. 1809 bat er die Behörden um Erlaubnis zur Eröffnung seines Gewerbes. 

Abraham Schutzer wurde am 17. April 1782 in Zürau geboren. Er heiratete Esther Hirsch aus Gernrode (1784-1852). Esther starb in Eisleben und wurde auf dem alten jüdischen Friedhof begraben. Ihr Grabstein ist erhalten.

Sie hatten vier Kinder. Die „Gebrüder Schutzer“ waren die Brüder Heinemann Louis (H.L.) und Hermann, genannt „Tzivi“:

Heinemann Louis (H.L.) wurde 1807 in Gernrode  geboren. Er Er war mit Emilia Reisner (1818-1884) aus Unruhstadt in Posen verheiratet. Er war Kaufmann in Eisleben und gehörte 1870 dem „Verein zur Erfrischung von durchziehenden Truppen“ an.

 

Ihre Kinder waren:

  1. Wilhelm Schutzer (1807- ca.1870) Kaufmann in Leipzig.

  2. Clara Schutzer (1841-1896) heiratete den Berliner Kaufmann Emanuel Max Rosenthal.

  3. Sophie Schutzer, geb am 5. Januar 1810 in Eisleben.
  1. Sara Henriette Rosetta Schutzer (1811- ca. 1870) heiratete den Eisleber Kaufmann Eliakum Manasse Bieber aus Fraustadt in Posen. Er war zeitweise Kantor und Vorsänger der jüdischen Gemeinde in Eisleben und danach Kaufmann. Ihr Geschäft hatten sie an der „Marktkirche“. Sie hatten zwölf Kinder, von denen sechs das Kindesalter überlebten und nach Hamburg und Berlin zogen. Mindestens vier der Enkelkinder wurden in der Shoa ermordet.

  1. Herrmann „Tzivi“ Schutzer (1811-1895) heiratete Bertha Simon (1822 bis 1903) aus Brandenburg an der Havel. Sie hatten sechs Kinder:

  2. Mathilde (1842-1919) heiratete den jüdischen Kaufmann  Heinrich Sachs aus Breslau. Sie starb in Berlin.

  3. Heinrich „Haim Juda“ (1844-1847) wurde nur drei Jahre alt. Sein Grabstein ist auf dem alten Friedhof erhalten.

  4. Gustav “Yossef” (1846-1849) wurde nur zwei Jahre alt. Sein Grabstein ist auf dem alten Friedhof erhalten.

  5. Georg „Jeremias“ (1847-1851) wurde nur drei Jahre alt. Er wurde auf dem alten Friedhof bestattet.

  6. Albin (*1850) besuchte von 1862-1867 das Königliche Gymnasium zu Eisleben. Näheres ist nicht bekannt.

  7. Robert (1853 bis ca. 1939) heiratete Eveline Rosenfeld aus Schwersenz, Kr. Posen (Swarzędz, PL). Robert war Kaufmann in Eisleben. Ihr Sohn Erich studierte Tiermedizin und promovierte 1909 an der Universität zu Leipzig. 1940 wurde ihm der Doktortitel und die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Wahrscheinlich war er da schon ausgereist. Eveline beging am 10. August 1942 in Berlin Selbstmord, vermutlich um der Deportation zu entgehen.

Die Gebrüder Schutzer betrieben eine Handelsgesellschaft. Um 1872 gehörte Ihnen das repräsentative Haus Plan Nr. 13. Um die Jahrhundertwende verkauften sie ihr Eigentum in Eisleben um sich in Berlin zur Ruhe zu setzen. Um 1895 verkauften Sie das Haus Plan 11 an den Kaufmann Herman Zwarg und 1901 das Haus Plan 13 an die Eisleber Diskontogesellschaft. Um 1920 erwarb der Konditormeister Hans Krawczyk das Haus und baute es mit viel Aufwand in ein erstklassiges Café mit Bäckerei um: Das Café Krawczyk.

Carl Herzfeld

1930 hatte der jüdische Kaufmann Carl Herzfeld im Haus Plan 11 sein Tabakwarengeschäft. Das Haus war inzwischen umgebaut worden. Das Erdgeschoss war in zwei Läden aufgeteilt worden, und auf dem Dach war ein großes Zwerchhaus mit sichtbarem Fachwerk errichtet worden. Herzfeld kam aus Wulfen in Anhalt und hatte 1920 die nicht jüdische Margarete Brüning aus Eisleben geheiratet. Ihre Wohnung hatten sie am Markt 55.

Unter der nationalsozialistischen Regierung wurde von den Ehepaaren, die einen nicht arischen Ehepartner hatten, die Scheidung verlangt. Die Herzfelds widerstanden aber diesem Druck und wanderten 1939 nach den Niederlanden aus, wo sie auch die Besatzung überlebten. Am 2. Juli 1948 annoncierten Sie in der Zeitung „Der Aufbau”:

„Carl Herzfeld, früher Eisleben, Sachsen, jetzt Holland, Amsterdam Z, Biesbosch Str. 19. feiert am 15. Juli 1948 seinen 60. Geburtstag.“

Carl starb 1958 in Amsterdam, und Margarethe 1969 in Rotterdam.

Das ehemalige Haus Der Gebrüder Schutzer am Plan 11 im Jahre 1905.

Der Grabstein von Esther Schutzer, geb. Hirsch, auf dem alten jüdischen Friedhof in Eisleben.

Annonce im Hallischen patriotischen Wochenblatt 1829.

Der Grabstein von Heinrich “Haim Juda” Schutzer auf dem alten jüdischen Friedhof in Eisleben.

Der Grabstein von Gustav “Yossef” Schutzer auf dem alten jüdischen Friedhof in Eisleben.

Annonce des Vereins für Erfrischung durchziehender deutscher Truppen 1870.

Das Haus Plan 13 mit dem späteren Café Krawczyk (1929).

Das Haus Plan 11 um 1936 mit dem Tabakgeschäft von Carl Herzfeld.

Das Haus Plan 11 (2008).