TAGEBUCH

Stolpersteine für Martha, Jacob und Gerhard Bratel.

ERINNERUNG KONKRET: STOLPERSTEINE FÜR DIE JÜDISCHE FAMILIE BRATEL

Südlich von Tel Aviv zieht sich die viertgrößte Stadt Israels an der Küste entlang – Rishon Lezion. Seit ihrer Gründung, vor allem durch russische Einwanderer im Jahre 1880, wurde sie Stück für Stück der Wüste abgerungen. Heute leben hier 250.000 Menschen. Es ist eine junge Stadt, in der Izhak Barak mit seiner Familie lebt. Der heute 67-Jährige betreibt hier eine Laserklinik.

 

Ehefrau Shoshana ist Lehrerin, ebenso wie die Schwiegertochter. Enkelsohn Or (13) wünschte sich zu seiner diesjährigen Bar Mizwa Feier eine Deutschlandreise und so besuchte die ganze Familie, einschließlich der zwei jüngeren Enkeltöchter, u.a. auch die Lutherstadt Eisleben. Grund war die Tatsache, dass Herrn Baraks Vater 1938 auswanderte, als die Situation für die in Deutschland lebenden Juden immer schwieriger wurde. Die Baraks waren mit der Familie Bratel nicht nur gut befreundet, sondern über eine Heirat im Laufe des Lebens auch zu Verwandten geworden.

 

Als im Synagogenverein per Internet von diesem Besuch Kenntnis vorlag, wurde festgelegt, dass man die nächsten STOLPERSTEINE der Familie Bratel widmen werde und dies wurde am 26. Juli 2010 nun umgesetzt. Die  Familie Bratel wohnte in der Rammtorstraße 49, dem Haus, welches von den Nazis später auch als so genanntes Judenhaus deklariert wurde. Von hier erfolgten die letzten Deportationen über Halle in die verschiedensten Lager. So auch geschehen mit Jacob (ermordet in Theresienstadt) und Martha (in Auschwitz). Ihre Söhne hatten sich noch nach Frankreich flüchten können. Von ihnen überlebte nur einer. Gerhard hatte sich der Résistance angeschlossen und wurde  nach seiner Festnahme erschossen.

 

Für die Familie war es ein bewegender Moment, als die Steine verlegt und Ziv Barak das Kaddisch sprach. Die heutigen Besitzer des Hauses hatten auch seinem Wunsch entsprochen, dass er sich mit der  Familie  im Inneren des Hauses umsehen konnte. Die Stolpersteine wurden gespendet von dem Schriftstellerehepaar Amelie Fried und Peter Probst sowie einer ehemaligen Mietergemeinschaft, die hier ihre Kindheit verlebt hatte.

 

Die Gäste aus Israel waren bereits am Samstagabend angereist und wurden am Ufer des Süßen Sees mit einem Grillfest, organisiert durch den Synagogenverein, herzlich begrüßt. Am Sonntag wurde die Familie wunschgemäß nach Dresden begleitet und am Montag folgte man den jüdischen Spuren in Eisleben. Hier bildete der Empfang bei Oberbürgermeisterin Jutta Fischer den Abschluss. Ein sehr freundschaftliches und intensives Gespräch erfüllte das Büro und die Zeit war viel zu schnell vergangen, so als hätten sich alte Freunde wieder gesehen.

 

Der Tag fand seinen Abschluss am Abend mit der Buchlesung „Blinde Flecken“. Peter Probst las im Hotel Graf v. Mansfeld aus seinem neuesten Krimi, in dem er Zeitgeschichte, Privates und Fiktion spannend miteinander zu verbinden weiß. Wie Detektiv Schwarz bei der Lösung eines Falls mit vermutlich rechtsradikalem Hintergrund, so musste auch der Autor in seiner Familiengeschichte feststellen, dass es da in der Erinnerung und Reflexion „Blinde Flecken“ gibt. Unter der Zuhörerschaft  befand sich auch die Oberbürgermeisterin. Sie kaufte gleich mehrere Bücher; eines für Innenminister Holger Hövelmann.

 

Maria Hahn

 

Der Förderverein Synagoge Eisleben möchte sich an dieser Stelle für die Unterstützung besonders bedanken bei:

Seesportclub Seeburg

Christiane Rautenberg

Hotel Graf v. Mansfeld

Familie Helbig (Wirtschaftsberatung)

Stadtverwaltung, einschl. Betriebshof, insbesondere bei Herrn Rene Wunderlich

Polizeirevier

Thalia-Buchhandlung