Die Häuser der jüdischen Mitbürger

Freistraße 102

Das Haus an der Ecke Freistraße-Schlossplatz um 1900.

Freistraße 102

An der Ecke Freistraße-Schlossplatz stand zu DDR-Zeiten der Konsum. Seit 2009 befindet sich hier ein Netto-Markt.

In dem Haus hatte lange Zeit die jüdische Kaufmannsfamilie Heilbrun ihr Geschäft. Der Name „Bankgeschäft I. Heilbrun & Co“ verweist wohl auf Isidor Heilbrun, der 1830 geboren wurde und 1884 in Eisleben starb. Vielleicht ist aber auch der Vater Itzig Heilbrun (1796-1868) gemeint, der schon 1827 im Eisleber Tagesblatt inserierte: „Anzüge, Sommerzeuge zu Herrenbeinkleidern im neuesten Geschmack, haben wir erhalten.“ Die Familie Heilbrun ist damit eine der ältesten jüdischen Familien in Eisleben. Später errichteten die Heilbruns ein neues, selbstbewusstes Bankgebäude gegenüber der Post, am Schlossplatz 2. In diesem Haus hat heute die Wohnungsbaugesellschaft ihre Büros.

 

Am 14. Mai 1897 starb der jüdische Kaufmann Moses Frankenbach. Er führte in diesem Haus seine Firma unter dem Namen „M. Frankenbach – Spezialgeschäft für Wäsche“. Die Ehe mit seiner ersten Frau, Henriette Gottschalk, hielt nur ein Jahr. Der gemeinsame Sohn Walter starb 1906 in Kassel, wurde aber in Eisleben begraben. Der Grabstein ist erhalten.

In der zweiten Ehe mit Käthe heiratete Frankenbach in die Magdeburger Kaufmannsfamilie Simon ein. Aus den Aufzeichnungen des Sohnes Hans Frankenbach wissen wir, dass sein Vater sehr unglücklich über seine jüdische Abstammung war und deshalb seinen Vornamen von Moses auf Moritz änderte. Doch auch hierin spürte er noch einen Makel, so dass er seine Firma nur „M. Frankenbach“ nannte. In seinem Testament bezeichnete er sich als „konfessionslos“. Bald darauf starb auch seine Frau Katharina (Käthe, geb. 7 Januar 1867) , und so wuchs der Sohn Hans bei Verwandten in Magdeburg auf.

Hans Frankenbach, geb. am 13. November 1894 in Eisleben, diente im 1. Weltkrieg und arbeitete dann als Handelsvertreter für Lederwaren. Als Mitglied der Deutschen Liga für Menschenrechte und der Deutschen Friedensgesellschaft war er 1933 gezwungen über Dänemark nach Schweden zu emigrieren, wo er noch 1974 lebte. Frankenbach hat viele seiner Dokumente dem Leo-Baeck-Institut überlassen. Dazu gehört auch ein Briefwechsel mit Hermann Hesse.

Die Witwe von M. Frankenbach übergab ihr Geschäft bald dem jüdischen Kaufmann Siegmund Isenberg (1867 – 1943), der aus Dransfeld bei Hildesheim kam. Seine Eltern waren Israel und Dorette Isenberg. 1938 wurde er von der Ortspolizei als ledig bezeichnet.

Seine Schwester Rosa arbeitete 1892 als Verkäuferin in seinem Geschäft. Sie heiratete dann Hermann Goldstein, den Bruder von Benno Goldstein.

 

1930 firmierte Siegmund Isenberg (Eizenberg) im Haus Markt 49: “M. Frankenbachs Witwe, erstes und ältestes Spezialgeschäft für erstklassige Wäsche.“ 1939 mußte er in das so genannte „Judenhaus“ in der Rammtorstraße 49ziehen. Seit dem 1. Dezember 1941 wohnte er dann im ehemaligen jüdischen Altersheim in der Boelckestraße 24 in Halle. Auch dieses Haus hatten die Nationalsozialisten zu einem Sammelpunkt für Juden gemacht, die dort unter unwürdigen Umständen leben mussten. Am 20. September 1942 wurde der 75-jährige Mann nach Theresienstadt deportiert. Am 23. Dezember 1943 starb er im Ghetto Theresienstadt im Alter von 76 Jahren.

 

 

Freistraße 102, Geschäftshausaus der jüdischen Familien Frankenbach und später Isenberg.

Markt 49: Werbung ca. 1930.

Hans Frankenbach.

Siegmund Isenberg.

Gedenkblatt für Siegmund Isenberg in Yd Vashem.

Stolperstein für Siegmund Isenberg in Eisleben.