Der Gute Ort
Der jüdische Friedhof heisst auf hebräisch Bejt olam. Das bedeutet „Haus der Ewigkeit“, denn er ist nach der jüdischen Vorstellung für die Ewigkeit angelegt und kann nicht aufgehoben oder anders genutzt werden. Andere Ausdrücke sind „Haus des Lebens“ (Bejt hachajim), Grab der Eltern“ (kewer awot) und der „Gute Ort“.
Denken Sie bitte bei jedem Besuch daran, jeder Tote ist in seinem Grab allgegenwärtig, gemäß dem Buch Hiob, Psalm 5,2 ,,Ich lag im Schlaf, jedoch mein Herz blieb wach“. So ist alles erlaubt, was die Toten ehrt und alles verboten, was die Ruhe der Toten stört.
1812 kaufte die Jüdische Gemeinde das Grundstück an der Vorderen Siebenhitze, um dort ihren ersten Friedhof anzulegen. Bereits im selben Jahr wurde der erste Jude namens Schutzer dort beigesetzt. Die jüdische Gemeinde nutzte diesen Friedhof bis 1876.
Der alte Jüdische Friedhof an der Vorderen Siebenhitze auf einer Karte von 1890.
„Eisleben den 12ten Juni 1812
Unter heutigen Dato zeigte der Älteste der Mitglieder der hiesigen israelitischen Gemeinde, Herr Herrmann Schutzer, an, daß er in hiesiger Vorstadt Neuhelfta genannt, für die Gemeinde die Hälfte eines Gartens des Landarbeiters Winkler zu einem Gottesacker erkauft habe. Ob dieser Garten sich zu einem Gottesacker passe, und nicht etwa den dortigen Häusern zu nahe kommt, was den Gesetzen zu wider seien würde, begab sich in Auftrag des Herren Canton Maire Wege in Begleitung des Munizipalrates zu Neuhelfta Herr Teichmann Unterzeichneter, in diesen Garten. Derselbe ist nach der Meinung des Herrn p Teichmann ganz zu einem Gottesacker geeignet, welcher Meinung Unterzeichneten auch völlig bestimmt, in denen die Hälfte des Gartens vom Exerzierplatz einnimmt von welcher Seite sich kein Haus befindet, auf der rechten und linken Seite dies der nämliche Fall ist, und das zu dem Garten gehörige Haus in einer solchen Entfernung vom Gottesacker liegt, daß letztere dem selben, und den der Nachbarn auf keine Weise nachteilig sein kann. Es ist also dem Wunsch der Israeliten, ihren Gottesacker aus genanntem Garten bilden zu dürfen, nicht das Mindeste entgegen zu setzen, da sie, die Israeliten, auch nicht einmal den Eingang durch die Häuser habe, sondern den selben, von hinten beim Exerzierplatze einrichten. Nachdem nun dies nochmals vorgelesen, und Herr Teichmann bei seiner Meinung blieb, so unterschrieb sich der selbe eigenhändig.
Johann Andreas Teichmann.“
Mit Schreiben vom 01.03.1939 veranlasste der Kreisleiter Mansfeld-See die Beseitigung des Friedhofes:
„Nach einem Bericht meines zuständigen Ortsgruppenleiters liegt zwischen Siebenhitze und Rammberg noch der alte Judenfriedhof. Ich halte es für wünschenswert, daß dieser Friedhof bald verschwindet, weil er besonders in den letzten Jahren bei den anliegenden Einwohnern Ärgernis erregt hat.
Anstelle des Friedhofs könnte eine Grünanlage geschaffen werden.
Ich bitte, die Angelegenheit recht bald einer Prüfung unterziehen zu wollen.“
Bereits am 10.03.1939 musste die Jüdsische Gemeinde der Enteigung zustimmen. Dr. Königsberger schrieb im Auftrag der Gemeinden:
„Unter Bezugnahme auf die heute […] Unterredung teile ich Ihnen ergebenst mit, daß Vorstand und Repräsentanten einstimmig beschlossen haben, den alten Friedhof am Rammberg der Stadt Eisleben geschenkweise zu übereignen, Kosten der Beurkundung, der Umschreibung im Grundbuch sowie anfallende öffentliche Abgaben gehen zu Lasten der Stadtgemeinde. Von Ort und Zeit der Beurkundung bitten wir uns gefälligst in Kenntnis zu setzen.
Dr. Ludwig Israel Königsberger“
Anschließend wurden die Grabsteine umgestürzt und der Eingang abgerissen. Schließlich wurde das Grundstück einer Eisleber Familie übergeben, die es als Garten nutzte und die Grabsteine als Gehwegplatten und Beeteinfasungen verwendete. Andere Steine wurden in die Fundamente von Garagen eingebaut.
Im Jahre 2002 wurde der Friedhof dem Landesverband jüdischer Gemeinden rückübertragen. Zunächst wurden die verbliebenen Grabsteine auf den Eisleber Campo Santo gebracht und dort von einem Steinmetz restauriert. 2008 errichtete die Jüdische Gemeinde Halle einen Zaun um das Grundstück. Die Grabsteine wurden an den Seiten aufgestellt.
Aufnahme 2014
Letzte Aktualisierung: 2016
Längenangaben in cm: Höhe, Breite, Tiefe
Grabstein 1
Wolf, Miriam (Maria?), Tochter des Gotthilf (Elieser), Frau des Ze’ev (>Benjamin oder Wolf?) Wolf, begraben 12.09.1854.
Grabstein 3
Frieda (Fridka), Tochter des Juda(s) Simon (Yuda Ziman) aus Sangerhausen (Zangerhausen), geboren 25.10.1854, gestorben 05.07.1886.
Grabstein 10
Der Junge Gustav (Yossef), Sohn des Hirsch Schutzer (Tzvi Shumtzer) starb Freitag und wurde Sonntags begraben, 11.02.1849 (Sonntag).
Grabstein 14
Moshe son of Shmaya died at 70 years 5 Elul 5595
Moses, son of Shmaya born 1765, died 30.08.1835.
Grabstein 15
Rahel, Frau des Ruben Bauchwitz, gestorben am Schabbat am 20 Adar rischon 641 nach der kleinen Zählung, also am 19.02.1881.
Grabstein 21
Grabstein für Ludwig Hirsch Kaufmann, 28 Jahre, gest 26.11.1859.
Grabstein 23
Ester daughter of ?? Levi wife of Av[ra]m Shumtzer died at 68 years …3 Nisan..
Ester, daughter of (?) Levi, wife of Abraham Schutzer, died 68 years old…
Grabstein 26
Heinrich Schutzer (son of Hermann-Tzvi):
The boy Haim Yuda son of Tzvi Shutzer died on Sunday and buried on Tuesday 5 or 1 Kislev 560\5\8 13-Nov-1847 or 9-Nov-1847. It could be that I mixed „ה“ and „ח“ on the last letter of the year, not enough resolution to see the difference. Religious Jews don’t write 1 Kislev, they use the initials of „In the Head of the Month“.
The 9-11-1847 was a tuesday. So the register could mean that the date 9-11-1847 was the burial. So he died on 7-11-1847 (sunday).
Grabstein 29
Schemaja, Sohn des Ma? Moses, geboren 30-4-1822, gestorben im Alter von 50 am 5-8-1872. His age is written exactly where the cracks are, If the day and the month are right (the year is definitely wrong), than his birth date should be 9 Iyyar 5562 (11-may-1802).
Grabstein 32
Hier ruht unser liebes Söhnchen
aus Sangerhausen
geb Sept 1859 (?)
gest. 1860.
Grabstein 34
Zadock Levy „Z.N.“ Eichengrün „Harwitz“, geb. ca 1805, gest. nach 1857 in Schraplau.
Hebräische Inschrift noch nicht transkribiert.