Anlass
Im Jahre 2017 begehen die evangelischen Christen und die Menschen in Deutschland und der Welt die 500. Wiederkehr der Lutherschen Reformation der Katholischen Kirche. Eine Lutherdekade wird gestaltet, und hierbei gibt es vielerlei Aktivitäten in den Städten Mitteldeutschlands und der Welt.
Der Reformator und Bibelübersetzer Luther, ein wortgewaltiger Mann, der mutig für seine Sache gestritten hat, ist als bedeutende Persönlichkeit im Gedächtnis der nachfolgenden Generationen stets bewahrt worden. Lutherverehrung und Lutherbegeisterung fanden ihren Niederschlag auch in der Geschichtsschreibung, vor allem seit dem 19. Jahrhundert im Rahmen der Suche nach den Werten der sich herausbildenden deutschen Nation.
Jedoch gibt es auch eine Seite in seinem Schaffen, die nicht so öffentlich und deutlich gemacht wurde und wird. Das ist seine Haltung gegenüber den Juden. Das konstatierte Peter von der Osten-Sacken, Theologe an der Humboldt-Universität, noch im Jahr 2005. Zwar wird in der akademischen Theologie über Luthers Antijudaismus seit Jahren diskutiert und geforscht, in der Öffentlichkeit ist das Thema bis heute kaum präsent. Auch im mitteldeutschen Raum, dem „Herzland der Reformation“ und in seiner Geburtsstadt Eisleben hat es bislang noch keine öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Dieser Tatsache stellt sich das Projekt und versucht eine erste öffentliche Thematisierung.
Der frühe Luther
Luthers Haltung zum Judaismus war zwiespältig und hat sich im Laufe seines Lebens mehrfach gewandelt. Allerdings blieb er einem Ansinnen stets verhaftet: Er hoffte auf die Bekehrung der Juden zum „rechten Glauben“. Während seiner Arbeit an der Übersetzung des Alten Testamentes pflegte er Kontakt zu jüdischen Rabbinern, die er um Hilfe und Unterstützung bei der Bibelübersetzung bat.
Seit ca. 1520 begann Luther aber auf die rasche Bekehrung der Juden zu hoffen, weil diese von nun an den christlichen Glauben in seiner reinen Form kennenlernen könnten. Judenverfolgung lehnte er auch öffentlich ab. Bei der Auslegung des 14. Psalms hielt er es 1520 „Für eine verdammenswerte Raserei, die Juden zu verfolgen und ihre Leiden zu verhöhnen, wo doch nur Trauer, Schmerz und inständiges Gebet für sie angebracht seien“.
Diese judenfreundliche und selbstkritische Phase erreichte mit der Schrift „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“ 1523 ihren Höhepunkt. Er kritisierte hier die Isolierung der Juden in Ghettos und forderte die anderen Christen dazu auf, die Juden mit in die Gemeinschaft aufzunehmen und damit auch das Recht der freien Berufswahl zu gewähren. Luther betonte, dass man die Juden lediglich durch die beruflichen Beschränkungen zum Wucher getrieben habe.
Mit der Reformation und Luthers judenfreundlichen Äußerungen keimte unter den gläubigen Juden die Hoffnung, mit ihrem Glauben akzeptiert zu werden. Luthers Schrift wurde in den eigenen Reihen verbreitetet und sogar ins Spanische übersetzt. Juden begannen auch, missionierend für die eigenen Rechte einzutreten. Tatsächlich konnten sie so zwischen 1530 und 1540 einige Christen für das Judentum gewinnen. Das blieben aber Ausnahmen.
Die Wandelung
Dass die erhoffte „Umkehr auf den rechten Weg“ bei den meisten Juden nicht funktionierte, verbitterte den alten Reformator. Mit der enttäuschten Hoffnung verlor sich der selbstkritische Zug seiner Theologie. Mitte der 1530er Jahre setzte eine verstärkte Kritik an den Juden ein. Juden wurden aus vielen deutschen Städten, u.a. auch aus Wittenberg vertrieben. 1536 wurde ihnen dann der Aufenthalt im gesamten Kurfürstentum Sachsen untersagt, ob auf Luthers Bedrängen hin, ist allerdings nicht bekannt. Jedoch gab es auch keinen Protest von seiner Seite. Eine Bitte von Josel von Rosheim, einem berühmten Rabbi im Unterelsass, lehnte Luther ab. Es ging dabei um eine Durchreiseerlaubnis der Juden durch Sachsen. Luther begründete seine Entscheidung damit, dass seine Schrift von 1523 von den Juden missbraucht worden sei. Diese Form der Antwort war jedoch noch freundlich gewählt.
Auf eine Anfrage hin brach er sein öffentliches Schweigen 1538 mit dem „Brief D. Martin Luthers wider die Sabbather an einen guten Freund“. Damit verfolgte er das Ziel, die Juden von der Unsinnigkeit ihrer Messias-Hoffnung zu überzeugen. Luthers antijüdische Polemik, die freilich niemals rassistisch begründet war, erfuhr 1543 einen Höhepunkt mit der Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“. Für Luther stellte die Absage der Juden an Christus das Hauptärgernis dar.
Die Umsetzung
Mit multimedialen Mitteln, mit der Präsentation seiner Schriften und mit Objekten will sich das Projekt dieser Thematik nähern und vor allem den Dialog mit den Besuchern ermöglichen. Eine genauere Beschreibung der geplanten Ausstellung kann der Konzeption der Museumsplaner Dr. Dieter Bogner und Katharina Knoll entnommen werden.
Rüdiger Seidel und Sebastian Funk
Weitere Informationen zur Luterdekade finden Sie hier: http://www.luther2017.de
Unser Gesamtkonzept 2017 können Sie herunterladen: Luther und die Juden