TAGEBUCH

Die Initiative Erinnern und Gedenken in Sangerhausen beschäftigt sich mit Menschen, die während des Nationalsozialismus Widerstand leisteten oder Opfer des Unrechtregimes wurden.

RÜCKBLICK: 4. STOLPERSTEINVERLEGUNG IN SANGERHAUSEN

Etwa 50 Personen, darunter wieder Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, versammelten sich um 14 Uhr in der Schulstraße 4, um an Klara Merkelt zu erinnern. Klara war Jüdin und mit Paul Merkelt, dem Sohn des Sangerhäuser Tischlermeisters Otto Merkelt, verheiratet. Die Merkelts lebten in Hamburg. Nach Ausbruch des Faschismus gelang es Paul, seine Frau zu verstecken und vor den Demütigungen durch die Rassegesetze zu schützen. Die Merkelts adoptierten während des Krieges sogar noch ein jüdisches Waisenkind namens Auguste. Im Juli 1943 wurden sie in ihrer Hamburger Wohnung ausgebombt und mussten in eine Notunterkunft ziehen. Dort wurde ihnen das Kind abgenommen, und Klara kam einer Verhaftung durch Flucht mit ihrem Mann nach Sangerhausen zuvor. Sie fanden bei Pauls Eltern Unterschlupf. Als aber in der Nachbarschaft bekannt wurde, dass Pauls Frau Jüdin war, begannen für Klara neue Demütigungen. Während einer Abwesenheit Pauls wurde Klara die Ausweisung innerhalb von 24 Stunden angedroht. Daraufhin nahm sich Klara Merkelt das Leben. Die Gedenkrede hielt Gesine Liesong.

Auch vor dem ehemaligen Wohnsitz der jüdischen Familie Meyerstein in der Kylischen Straße 9 wurden Stolpersteine gesetzt. Die Meyersteins waren in Sangerhausen als ruhige und freundliche Leute bekannt. Nach dem Tod ihres Mannes Matthias, wahrscheinlich 1942, wurde Therese am 20. September 1942 mit einem Transport aus Leipzig in das KZ Theresienstadt deportiert. Sie überlebte, kehrte 1945 nach Sangerhausen zurück, verstarb aber schon 1946 im Alter von 71 Jahren“. I

hr Sohn Erhard wurde am 18.02.1945 mit einem Transport aus Frankfurt in das KZ Theresienstadt deportiert wurde. Er überlebte, kehrte nach Sangerhausen zurück und wohnte zunächst in der Hüttenstraße 26. Es war nach seiner Genesung in verschiedenen Verwaltungsberufen tätig und wohnte später mit seiner 2. Frau Irmchen in der Karl-Liebknecht-Straße 57. Er starb am 14.12.1982 in Sangerhausen.

 

In der Rudolf-Breitscheid-Straße (früher Adolf-Hitler-Straße) Nr. 11 wohnte 1935 der Konditormeister Johannes Gorek mit seiner jüdischen Ehefrau Sofie Luise, geb. Schneider. Frau Gorek lernte alle Demütigungen kennen, die jüdische Menschen auch in sogenannten Mischehen erleiden mussten, aber sie stand noch unter dem Schutz ihres Mannes. Die Situation änderte sich, als Johannes Gorek am 11. Mai 1942 verstarb. Frau Gorek wurde zunächst nach Leipzig deportiert und kam mit einem Transport am 13. Januar 1944 in das KZ Theresienstadt. Ihr Todesdatum ist der 16. Januar 1944. Es ist zu vermuten, dass die damals 67-jährige Frau unmittelbar nach ihrer Ankunft in Theresienstadt ermordet wurde oder die Strapazen des Transports nicht überlebt hatte.  

 

 

Rüdiger Seidel

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