So fängt das Schreiben an, welches der Verein Eisleber Synagoge am 14. Dezember 2020 erhielt.
Unser Verein hat sich am Werner-Sylten-Wettbewerb beteiligt und seine Arbeit vorgestellt.
Werner Sylten wurde am 9. August 1893 in Hergiswil am See, Kanton Nidwalden in der Schweiz geborenund wurde am 26. August 1942 in der NS-Tötungsanstalt Hartheim in Oberösterreich vergast. Er war ein evangelischer Theologe jüdischer Abstammung, Erzieher und Gegner des Nationalsozialismus. Er wurde von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland verleiht seit 2018 den Werner-Sylten-Preis an Personen und Gruppierungen, die sich um den christlich-jüdischen Dialog verdient gemacht haben.
In unserer Bewerbung heißt es: „Der Verein bemüht sich seit seiner Gründung im Jahr 2001 darum, dass die Erinnerung an das einst blühende jüdische Leben in der Lutherstadt Eisleben im heutigen Landkreis Mansfeld-Südharz wach gehalten, und das Interesse der Eisleber Bürgerschaft und der Menschen der Region, aber auch der vielen Besucher der Lutherstadt an diesem Teil unserer Geschichte geweckt wird, der viele Jahrzehnte kaum mehr erinnert worden ist.
Mittels regionalgeschichtlicher Forschung zur Geschichte des Judentums und seiner langen Entwicklung in der Stadt und der Region bis zur Shoa, über die auch unsere Website ein breites Publikum informiert, mit der Verlegung von Stolpersteinen für die in der Zeit des NS-Regimes ausgegrenzten, verfolgten und ermordeten jüdischen Eisleber, mit Ausstellungen und Bildungsveranstaltungen sowie mit dem Angebot von Projekten für Schülerinnen und Schüler bemühen wir uns, dieses Anliegen zu realisieren.
Luthers Geburtsstadt Eisleben steht in besonderer Verantwortung, den christlich-jüdischen Dialog zu pflegen. Denn der Reformator hat, nachdem seine Idee der Bekehrung der Juden zum Christentum als der neuen und aus seiner Sicht nun einzig akzeptablen Religion nicht realisierbar war, im Zorn über die Verweigerung in seiner letzten Predigt in Eisleben am 15. Februar 1546, zwei Tage vor seinem Tod, die Vertreibung der Juden auch aus dem Mansfeldischen gefordert. Das hatte Folgen, denn Luthers Wort hatte Gewicht. Antjudaisten und Antisemiten beriefen sich in den folgenden Jahrhunderten und berufen sich bis heute immer wieder auf ihn. Die von unserem Verein erarbeitete Wanderausstellung „Luthers Judenbild und sein langer Schatten im mitteldeutschen Raum“ erinnert daran.
Neben den schon genannten Aktivitäten zur Erforschung und Vermittlung der jüdischen Geschichte der Stadt und der Region liegt uns seit der Vereinsgründung ein Projekt besonders am Herzen: Der Erhalt und die Rekonstruktion des Gebäudes der ehemaligen Synagoge, die in der Pogromnacht am 9. November 1938 geschändet, aber damals nicht, wie tausende andere Synagogen, völlig zerstört worden ist. Dieses Haus gibt es immer noch, trotz Vertreibung und Mord an seinen Eigentümern, trotz Plünderung und Verwüstung der Räume mit dem Ziel, jegliche Erinnerung an seine einstigen Bestimmung und seine Eigentümer, die jüdische Gemeinde Eislebens, auszulöschen.
Es befindet sich nur wenige Schritte von Luthers Geburtshaus entfernt in der Lutherstraße 25 und war von 1814 bis 1938 das religiöse Zentrum der jüdischen Gemeinde der Stadt und unserer Region. […]
Gerade heute, in einer Zeit, in der sich antisemitische Stimmungen wieder verbreiten, wollen wir als Verein engagierter Bürgerinnen und Bürger einen Beitrag zur Bewahrung der Erinnerung an das jüdische Kulturerbe in unserer Region Mansfeld-Südharz leisten.“
Wir freuen uns über diese Anerkennung und werden weiter an der Darstellung jüdischen Lebens, an der Aufklärung der Bevölkerung und den historischen Hintergründen arbeiten.
Herzlichen Dank für diese Anerkennung!
Rüdiger Seidel
Vorsitzender des Vereins